21.3.22 Internationaler Tag gegen Rassismus

Die Seebrücke München beteiligt sich bei der Kundgebung zum

Internationalen Tag gegen Rassismus am 21.3.22

Mehr Infos:

Aktion zum internationalen Tag gegen Rassismus 2022

https://www.agaby.de/schwerpunkte/aktion-21-maerz

 

Redebeitrag der Seebrücke München zum Internationalen Tag gegen Rassismus am 21.3.22

Rassismus ist ein strukturelles Problem und kann nicht auf das Verhalten oder die Gedanken einzelner Personen reduziert werden. Rassismus beschreibt eine Logik, die sich durch unsere Sprache, unsere Denkmuster, durch alle  Institutionen zieht und von den Medien verbreitet wird. Er dient dazu, Menschen gegeneinander auszuspielen – und zwar indem Menschen auf Grund  zugeschriebener Merkmale als soziale Gruppe konstruiert (herstellt) und zu Anderen gemacht werden – sei es durch das Aussehen, der Name, der kulturelle Hintergrund oder die Art und Weise zu sprechen. Sie werden in Folge  abgewertet, erniedrigt, und entmenschlicht. 

Ein Ort, an dem sich diese perfide Logik besonders unverhohlen zeigt, sind nationalstaatliche Grenzen und das bestehende Asylsystem. Für weiße Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die innerhalb oder auch außerhalb der EU verreisen, bleiben Grenzübergänge oftmals kaum spürbar. Für People on the Move, insbesondere Flüchtende stellen sie jedoch eine fast unüberwindbare und sehr oft auch tödliche Hürde dar. 

Über die letzten zwei Jahrzehnte hinweg ist die Militarisierung der europäischen Außen- und Binnengrenzen in einem bis dahin unbekannten Außmaß vorangeschritten. So wurde z.B. die EU-Agentur Frontex im Jahr 2021 mit einem Budget von knapp 550 Millionen Euro ausgestattet – im Vergleich zu etwa 6 Millionen Euro im Jahr 2005. Obwohl Frontex weitgehendst frei von parlamentarischen Kontrollen agiert, sehen viele europäische Politiker*innen diese Orgnisation als ein geeignetes Mittel, um den sogenannten „Schutz“ der EU-Außengrenzen voranzutreiben – auf Kosten von Flüchtenden und Migrant*innen. 

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Je stärker die Präsenz von Frontex, je präziser die Überwachung der europäischen Land- und Wassergrenzen, desto prekärer und lebensbedrohlicher wird die Situation für People on the Move. Mittlerweile gehören illegale Push-Backs, bei denen Menschen gewaltvoll und unbeobachtet aus der EU abgeschoben werden zur Tagesordnung. Diese verhindern dass sie ihr Recht auf Asyl geltend machen können. Sie werden zum Beipiel wenn sie bereits europäischen Boden betreten haben ohne  jede Versorgung in Rettungsinseln auf dem Mittelmeer ausgesetzt.

Wir fordern, dass Frontex für illegale Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen wird und wir fordern in der Konsequenz die Abschaffung von Frontex. Wir sagen: Fähren statt Frontex! Für eine europäische Seenotrettung, die Menschenleben rettet und ein Europa, das Migration nicht kriminalisiert!

Statt eines Europas das Menschenrechte einhält, ist die Liste von unterlassener Hilfeleistung europäischer Akteurinnen lang und führt dazu, dass zum Beispiel: Menschen, in Wäldern an der polnisch-belarussischen Grenze erfrieren; Menschen, die aus lybischen Folterlagern übers Mittelmeer fliehen, nicht gerettet werden, weil europäische Behörden die Rettungsaktionen behindern; und Menschen, die mit Nato-Mitgliedern im Afghanistaneinsatz gearbeitet haben der Verfolgung durch die Taliban überlassen werden. 

Und während Europa People On The Move, die in großer Zahl Black, Indigenous und People of Color sind tödliche Grenzen entgegenstellt, mangelt es zugleich an der nötigen Selbstreflexion. Denn europäische Geschichte und Gegenwart – allen voran unser Wirtschaftswachstum und unsere Sicherheitspolitik – sind einer der Hauptgründe dafür ist, dass Menschen überhaupt erst ihr Zuhause verlassen müssen und zu Geflüchteten gemacht werden. 

Es gibt eine Kontuniutät von einer der gewaltvollsten Zeiten der Menschheitsgeschichte, dem Kolonialismus hin zu heutigen rassistischen Strukturen, die die Bewegung von Menschen kontrollieren und damit globale Ausbeutung aufrechterhalten.

An dieser Stelle könnten wir unzählige weitere Bespiele für das Funktionieren des rassistischen Grenz und Asyl regimes aufzählen – Waffenlieferungen an libysche Milizen; Abschiebeabkommen mit autokratischen Regierungen; People of Color und Drittstaatenangehörige, die auf ihrer Flucht aus der Ukraine Übergriffe und Ungleichbehandlung erdulden müssen;  Erstaufnahmezentren für Geflüchtete, die wie Gefängnisse aussehen und operieren, Asylverfahren die ohne jede Sensibilität für reale Gegenheiten vor Ort geführt werden und in denen die Unterstellung geflüchtete Personen würden lügen jede rechtmäßige Betrachtung verstellt, Botschaftsanhörungen, die nach rassistischen Kriterien wie Hautfarbe, Dialekt und Tribels Identität zuweißen und zu Abschiebungen führen, Die realitätsfremde Konstruktion sogenannter „sicherer Herkunfssstaaten“, der Bau riesiger Abschiebegefängnisse und die gewaltvolle Durchsetzung von Abschiebungen. Die Liste an Vergehen ist unendlich lang, und wird immer länger.

Doch wir lassen uns nicht unterkriegen! Gemeinsam mit Menschen mit Fluchterfahrung und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen setzt sich die Seebrücke München heute und immer für eine Welt ein, in der kein Mensch illegalisiert wird; wir kämpfen für eine Welt, in der alle Menschen ihren Platz finden und ihre Potentiale entfalten können. Kein Mensch ist illegal!

Wir fordern, dass die gleichen Rechte für alle gelten. Wir fordern Bewegungsfreiheit für jede Person. Es darf nicht sein, dass ein paar wenige, die den richtigen Pass haben die Grenzen unserer Welt passieren dürfen und andere an den gleichen Grenzen fest gehalten, zurück geschoben oder eingesperrt werden. Die Ungleichbehandlung von Menschen muss überall und eben gerade an den Grenzen endlich beendet werden.

Entgegen der europäischen Abschottungspolitik fordern wir:

  • Sichere und legale Fluchtkorridore
  • Eine funktionierende Seenotrettung im Mittelmeer
  • Das Ende der europäischen Hotspot-Politik
  • Die Aufnahme von Geflüchteten aus Seenotrettung, von den EU Aussengrenzen und aus Kriegsgebieten wie zum Beispiel Afghanistan und der Ukraine
  • Sichere Häfen für Geflüchtete und das heisst Orte der Zuflucht überall in Europa, an denen Geflüchtete willkommen geheissen werden und auf sicherem Weg aufgenommen werden. Und das muss betont werden: ankommen und bleiben können. Wir fordern, dass die kommunale Aufnahme Geflüchteter nicht weiter vom BMI (Bundesinnenministerium) blockiert wird. Wir stehen ein für die kommunale Aufnahme Geflüchteter in München, das seit 2019 Sicherer Hafen ist. Wir fordern die Einhaltung des Rechts auf Asyl auf Augenhöhe.

Zum Abschluss möchten wir unsere Solidarität mit dem Protestcamp der Geflüchteten aus Sierra Leone ausdrücken, die seit über 5 Monaten gegen Abschiebungen mit einer Dauermahnwache protestieren.

Wir schliessen uns  ihren Forderungen nach einem Bleiberecht an und fordern die Stadt München als Sicheren Hafen weiterhin dazu auf, sich für den Schutz der Menschen auf Landes- und Bundesebene ein zusetzen. 

  • Keine Abschiebung nach Sierra Leone und nirgendwohin! Stop Deportation!
  • Freedom of movement is everybodys right! Bewegungsfreiheit für alle!
  • No One is illegal! Kein Mensch ist illegal!