Zum „Sicheren Hafen“ gehört eine sichere Bleibeperspektive

Redebeitrag der Seebrücke München auf der Demonstration „Keine Abschiebungen nach Sierra Leone“ am 18. Dezember 2021

Die Seebrücke München ist als Lokalgruppe Teil der internationalen Seebrücke-Bewegung. Die Seebrückenbewegung ist vor über 3 Jahren entstanden, um der menschenunwürdigen und brutalen europäischen Grenzpolitik von Seiten der Zivilgesellschaft etwas entgegenzusetzen. Sie setzt sich für ein Recht auf Migration und Bewegungsfreiheit ein.

Anstatt die Menschen auf der Flucht zu schützen, schottet die EU sich noch stärker ab und setzt vor allem auf militärische Interventionen wie zum Beispiel Frontex.

Eine wichtige Kampagne der Seebrücke sind die „Sicheren Häfen“, um dieser brutalen Politik etwas entgegenzusetzen. Auch München hat sich zu solch einem „Sicheren Hafen“ erklärt.

Das Konzept „Sicherer Hafen“ umfasst zum einen die kommunale Aufnahme. Eine  „Sicherer Hafen“-Stadt erklärt die Aufnahmebereitschaft gegen die Blockade des Landes und des Bundes. Geflüchtete sollen direkt nach der Rettung auf dem Mittelmeer, nach der Evakuierung aus Afghanistan, aus den Lagern an den EU Außengrenzen z.B. Moria oder anderen griechischen Inseln oder von der polnisch/ belarussischen Grenze in die Kommunen mit freien Plätzen kommen können. Es geht darum sichere Korridore zu schaffen. Denn die sicheren Hafenstädte haben Platz.

Zum anderen gehört zum Modell „Sicherer Hafen“ eine sichere Bleibeperspektive. Denn auch Menschen mit Fluchterfahrung, die zu unserer Gesellschaft gehören, weil sie mit uns leben sei es seit einem Jahr oder 15 Jahren, sind auch einmal über das Mittelmeer oder andere gefährliche Routen gekommen. Sie sind Überlebende. Es würde nach dem Konzept sicherer Häfen keinen Sinn machen Menschen aufzunehmen, um sie später wieder abzuschieben.

Die Protestierenden aus Sierra Leone brauchen genau das: Eine sichere Bleibeperspektive und eine ernstzunehmende gesellschaftliche Teilhabe. Das ist ihr Recht.

Sierra Leone ist kein sicheres Land. Es befindet sich in einer stark instabilen Phase nach einem 30- jährigen Bürgerkrieg und wird weiterhin von einer gewalttätigen Elite regiert, die nur auf eigene Vorteile aus ist. Sie ist außerdem zutiefst in ihre kriegerische Vergangenheit verstrickt. Menschenrechte werden dort in großem Ausmaß verletzt.

An dieser Stelle möchte ich noch kurz auf das Modell „sicherer Herkunftsstaaten“ der Bundesregierung eingehen an dem es schon seit Beginn starke Kritik gibt. Es geht darin nicht darum, dass diese Länder tatsächlich sicher wären, sondern Berichte werden bewusst stark geschönt, nur um abschieben zu können. Zu den meisten dieser Berichte gibt es wissenschaftliche Arbeiten, die sie widerlegen. Was das bedeutet haben wir jüngst an Afghanistan gesehen.

Indem die Bundesregierung auf diese Weise Abschiebungen durchdrückt, macht sie sich zum Erfüllungsgehilfen rechter Erzählungen. Dass dies rechte Strömungen nicht kleinhält, sondern sie befeuert hat sich in der Vergangenheit mehr als einmal deutlich gezeigt.

Ohne Angst vor Migration ist eine Gesellschaft auch nicht von sogenannten Rechten erpressbar.

Ein „Sicherer Hafen“ – der sich nicht nur auf dem Papier so nennt – muss sich also auch für das Leben und die Zukunft derer einsetzen, die schon hier leben.

Deshalb fordern wir an der Seite der sierra-leonischen Protestierenden:

  • Bleiberecht – zum Beispiel in Form eines Stadtasyls, oder zumindest einen Transfer nach München mit erneuter zugewandter Einzelfallprüfung.
  • Keine Abschiebungen nach Sierra Leone – oder zumindest ein Abschiebe-Moratorium mit erneuter Prüfung des Konzepts sicherer Herkunftsländer.
  • Keine Botschaftsanhörungen. Es muss ein Ende dieser rassistischen Praxis geben.
  • Einlösung des Rechts auf Teilhabe – Zum Beispiel Arbeit oder andere Formen der Beteiligung die sich die Menschen wünschen.
  • Keine Sanktionen für die Protestierenden