#WirHabenPlatz … und zwar für 300 Personen allein in München.

Die Stühle, die wir am 29.10.20 auf den Marienplatz vor das Rathaus stellten, sollen dabei unsere Aufnahmekapazitäten und Aufnahmebereitschaft symbolisieren.

 

 

 

An der griechisch-europäischen Außengrenze ist die Situation in den Lagern seit langem katastrophal. Deshalb fordern viele Menschen und Organisationen schon lange und auch weiterhin die Evakuierung von Flüchtenden aus diesen Lagern, am dringlichsten von den besonders gefährdeten Menschen.

Seit einigen Wochen hat sich die Situation nochmal verschärft. Während nach dem Brand des Lagers Moria es kurze Zeit schien, als ob der öffentliche Druck die europäischen Regierungen endlich zum Handeln zwingen könnte, ist die Lage einige Wochen später noch desolater: Viele Geflüchtete wurden gezwungen in ein neues Lager zu gehen, in dem die Lebensbedingungen mindestens genauso elend sind. Auf einem ehemaligen Militärübungsplatz wurden Zelte ohne Boden errichtet, die Menschen schlafen auf dem nackten Erde. Bei den ersten erwarteten Herbststürmen stand schon das Lager und die offenen Zelte unter Wasser. Kinder spielen direkt neben Soldaten, die in Schutzkleidung mit Metalldetektoren nach alter Munition suchen.

Auch die Lage auf dem Mittelmeer ist schlimmer denn je. Die zivile Seenotrettung ist durch durchschaubare Kriminalisierungsversuche quasi lahmgelegt, und die verantwortlichen Institutionen weigern sich einfach, Menschen in Seenot auf dem Mittelmeer zu Hilfe zu kommen. Menschen verdursten in Booten und ertrinken im Meer
direkt vor den Toren Europas – und die Verantwortlichen schauen dabei zu!

„Wir werden hier in eine Parallelwelt gesteckt und alle wissen das und sehen dabei zu. Im Vereinigten Königreich, in Holland, in Deutschland, in Frankreich, alle wissen es!
Wir sollten nicht mit Rassismus und Ungleichheit leben müssen, diese Epoche sollte bereits der Vergangenheit angehören. Dennoch leben und verhalten sich die Menschen immer noch nach diesem System. In diesem Lager sieht es so aus, als ob die Europäer uns nicht als Menschen sehen. Sie behandeln uns wie Hunde, aber wir haben auch eine Seele. Wir werden hier gebrochen, und das nützt niemandem. Es schadet. Es schadet der gesamten Menschheit.“

(Ibrahim,  Bewohner von „Moria 2“)

Offiziellen Angaben zufolge verfügt unsere Landeshauptstadt über die Kapazitäten, 300 Geflüchtete – davon 100 unbegleitete Minderjährige – umgehend unterzubringen und adäquat zu versorgen. Dennoch wird Schutzsuchenden die Ankunft in München oder anderen aufnahmebereiten Kommunen versagt, so dass auch weiterhin tausende Menschen an der europäischen Außengrenze unter unwürdigen Bedingungen ausharren müssen.

Bereits im Sommer 2019 erklärte sich München zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete. Seit dem ist in der Stadt viel zu den Themen Seenotrettung und kommunale Aufnahme passiert. Derzeit wird jedoch die Aufnahmebereitschaft der Münchner*innen durch Landes- und Bundesregierung blockiert. Voraussichtlich werden vorerst nur 40 Personen, die bisher auf den griechischen Inseln gelebt haben, in München ankommen dürfen. Auch außerhalb von Bayern werden die kommunalen Aufnahmekapazitäten durch das Bundesinnenministerium ignoriert bzw. abgelehnt.

Wir fordern unsere Politiker*innen dazu auf, Haltung zu zeigen und sich deutlicher für eine solidarische Asylpolitik einzusetzen. Wir fordern die Umsetzung der kommunalen Aufnahmebereitschaft.

Konkret bedeutet das,

– den Vorstoß des Bündnis Städte Sicherer Häfen, insbesondere der Länder Berlin und Thüringen gegen das Aufnahmeverbot der Bundesregierung zu unterstützen.
– die Zusammenarbeit bayerischer Sicherer Häfen vorantreiben und ein Landesaufnahmeprogramm mit Nachdruck einzufordern.
– gemeinsam mit der Zivilgesellschaft und anderen solidarischen Kommunen gegen eine menschenunwürdige Grenzpolitik vorzugehen.
– Transparenz in der Umsetzung der Stadtratsbeschlüsse zum Sicheren Hafen München.

   

 

Bei der Aktion auf dem Marienplatz gab es einige Redebeiträge zu hören, die wir hier zum Nachhören zur Verfügung stellen: